Wabi Sabi

Perfektion liegt nur im Imprfekten

Falls dich der Rechtschreibfehler im Zitat noch nicht zum gehen veranlasst hat, spürst du was er in dir auslöst? Vielleicht den Impuls ihn verbessern zu wollen oder das Nasenrümpfen über den Autoren? Es ist erstaunlich, wie schnell und leicht ein kleiner Fehler negativ auffällt. Bedenkt man, wie wir erzogen wurden und wie unser Schul- und Gesellschaftssystem funktioniert, ist es nicht verwunderlich. Fehler werden bestraft. Wo bleibt der Rotstift? 

Je stärker deine Reaktion auf den Fehler war, desto stärker wird der Glaubenssatz „Ich darf keine Fehler machen“ mit dir resonieren. In diesem Falle herzlichen Glückwunsch – du bist gut erzogen. Das heißt du weißt in vielen Dingen was richtig und was falsch ist, benimmst dich richtig und kannst die Fehler anderer berichtigen und darauf Hinweisen. Jetzt gilt es nur noch immer weniger Fehler zu begehen bzw. gar keine Fehler mehr zu machen. Wenn dann richtig. Das erspart einem sehr viel Arbeit, denn was man nicht gut kann braucht man gar nicht erst zu beginnen, denn sonst kommt wieder jemand mit dem Rotstift und zeigt uns, dass wir etwas falsch gemacht haben. Einfacher ist es deshalb bei dem zu bleiben, was man gut kann und immer besser zu werden. 

So wie die Lebensweise des feudalen Japans es zeigt. Jeder Moment wird perfekt genutzt. Der Samurai als Bild des perfekt disziplinierten Kriegers. Jede Bewegung bei einer Tee-Zeremonie ist einstudiert, sowie die Gegebenheit wenn so eine Zermonie stattfindet. Wer hat es nicht schonmal in einem Film gesehen oder einem Buch gelesen?

“Die Unvollkommenheit des Menschen ist immer ein Misston in der Harmonie unserer Ideale.”

Was dabei gerne ausgeblendet wird ist die totalitäre Ausrichtung jener Gesellschaft. Eine Rigidität, die eine Gegenbewegung und damit verbundene Erkenntnis auslöste – Wabi Sabi. Es ist erst das Unvollkommene, was das Leben vollkommen macht. Eine Tee Zeremonie benötigt keinen Vollmond und durchgetakteten Ablauf, damit man sie genießen kann. Ja genau durch den unplanbaren Aspekt erlangt sie eine Schönheit, die durch keine Planung ersetzt werden kann. Zerbrochene Teekessel flicken oder einfach „zerbrochen“ weiter nutzen, wenn möglich. Besteck nutzen, was zusammengewürfelt ist aus verschiedenen Sets. Ein Smartphone nutzen, selbst wenn es sichtbare Sprünge hat. Ein Mensch sein, der Fehler machen darf. Das ist Wabi Sabi – die Fähigkeit das Schöne im Unvollkommenen zu erblicken. 

“Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.”

Fehler und Sprünge verleihen erst Charakter. Ein neues iPhone ist makellos und eins von Millionen. Es ist leicht ersetzbar, sowie jeder Mensch, der sich nicht traut Fehler zu begehen. Wer heute noch ein altes Nokia besitzt und nutzt zeigt Charakter – ob man dieses nun mag oder nicht. Er zeigt sich besonderer, als jene Millionen, die stets das neueste Smartphone in der Tasche haben. Und so sind auch jene Menschen, die bereit sind Fehler zu begehen und das Leben auf ihre Weise leben, statt nach der „richtigen“ Weise, jene die auf einer Seite mehr angegriffen werden und auf der anderen glücklicher und erfolgreicher durchs Leben gehen.